Der aktuell andauernde Krieg in der Ukraine und seine Folgen haben auch Auswirkungen auf die Berliner Feuerwehr. Dazu Landesbranddirektor Dr. Karsten Homrighausen: „Das, was seit einigen Tagen in Europa passiert, in einem Land keine 1.000 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt, schockiert uns alle. Krieg in Europa kannten die meisten zum Glück nur aus Erzählungen von Menschen aus einer Kriegsgeneration. Was für uns unvorstellbar wirkte, ist plötzlich in die Gegenwart gerückt und hat auch direkte Auswirkungen auf die Berliner Feuerwehr als Sicherheitsbehörde in der Hauptstadt. Nach zwei Jahren Pandemie stellt dieses Ereignis die Leistungsfähigkeit der Berliner Feuerwehr in Krisenzeiten abermals auf die Probe.“
In den vergangenen zwei Wochen sind viele Tausend Menschen aus der Ukraine nach Berlin geflohen und täglich kommen weitere hinzu. Die zentrale Koordinierung obliegt der Verantwortlichkeit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Dort wurde bereits ein Krisenstab eingerichtet.
Auswirkungen hat das Geschehen aber natürlich auf die Berliner Feuerwehr. Am 1. März 2022 wurde die Berliner Feuerwehr erstmals mit einem sogenannten B-Dienst (Einsatzleiter) sowie mehreren Rettungswagen und einem Notarzt zum Hauptbahnhof alarmiert. An diesem Abend kamen erstmals rund 1.000 Personen per Zug dort an. Es musste davon ausgegangen werden, dass Mehrere der Geflüchteten medizinische Hilfe benötigen. Die sanitätsdienstliche Absicherung am Hauptbahnhof wird seitdem durch Hilfsorganisationen sichergestellt. Sollten Transporte in Kliniken notwendig sein oder medizinische Notfälle bei Ankommenden auftreten, die den Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr erfordern, entsenden wir selbstverständlich entsprechende Rettungsmittel.
Seit dem 1. März 2022 wurden wir bereits über 200 mal alarmiert, um ankommende Kriegsgeflüchtete medizinisch zu betreuen. Der Schwerpunkt liegt dabei am Hauptbahnhof. Bislang wurden bei der Unterstützung des Sanitätsdienstes mehrere hundert Menschen durch die Berliner Feuerwehr gesichtet, davon 27 medizinisch versorgt und 24 in Kliniken transportiert (Stand 14. März., 12 Uhr).
Außerdem wurde der Bereich Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz seit dem 5. März mehrfach zur fachlichen Beratung und Überprüfung brandschutztechnischer Belange im Bereich des Hauptbahnhofes, bei der Errichtung des Welcome-Centers auf dem Washington-Platz sowie bei der Inbetriebnahme neuer Unterkünfte eingesetzt.
Zudem wurde am Mittwochmorgen (9. März 2022) der Fernmeldedienst zum Hauptbahnhof alarmiert. Dort ging der ELW2 (Einsatzleitwagen) bestimmungsgemäß mit einer Besatzung der Freiwilligen Feuerwehr (FF) zur Führungsunterstützung in Dienst.
Diese Strukturen wurden mittlerweile verstetigt. So wurde am 10. März gemeinsam mit der Polizei Berlin unter Leitung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales eine sogenannten Gemeinsame Örtliche Einsatzleitung im Hauptbahnhof eingerichtet. In dieser sind u.a. auch das Bahnhofsmanagement, die Bundespolizei und die BVG vertreten.
Für die nächsten Tage wird erwartet, dass die Lage weiterhin aufwachsen wird und sich daraus weitergehende Hilfeersuchen an die Berliner Feuerwehr ergeben. Um die Lage bestmöglich im Blick zu behalten und adäquat reagieren zu können, wurde bei der Berliner Feuerwehr Ende vergangener Woche eine Arbeitsgruppe „Ukrainekrise“ einberufen, die im Stabsraum der Leitstelle der Berliner Feuerwehr ihre Arbeit aufgenommen hat. Die Aufgabe dieser Arbeitsgruppe ist es u. a., sich mit den Verantwortlichen der verschiedenen Senatsverwaltungen hinsichtlich einer gemeinsamen Einsatzleitung abzustimmen.
Ergänzend hat die Berliner Feuerwehr am Samstag (12. März 2022) mit Kräften der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr bei der Herrichtung einer Notunterkunft am Flughafen BER unterstützt.
Für die nahe Zukunft zeichnet sich daher eine weitere Unterstützung der humanitären Maßnahmen durch die Berliner Feuerwehr ab. Dazu und zu möglichen weiteren Unterstützungsmaßnahmen findet ein fortwährend enger Austausch mit den zuständigen Senatsverwaltungen und weiteren Institutionen statt.
LandesbranddirektorDr. Karsten Homrighausen ergänzt: „Was mir persönlich Mut macht, ist der große Zusammenhalt allerorts. Seien es die Europäische Union und weitere internationale Partner, die noch nie enger beisammenstanden oder die vielen Freiwilligen, die ankommende Menschen aus der Ukraine empfangen, die spenden oder Übernachtungsmöglichkeiten organisieren. Allen Freiwilligen gilt großer Dank und Respekt für ihre außerordentliche Hilfsbereitschaft. Selbstverständlich an dieser Stelle allen voran sind die vielen Hilfsorganisationen zu nennen, die seit vielen Tagen in unterschiedlichsten Bereichen mit Ehrenamtlichen Hilfe leisten. Die derzeitige Situation verlangt uns allen abermals viel ab und die humanitären Werte der Berliner Feuerwehr zählen mehr denn je.“
Er fügt hinzu: „Meine tief empfundene Solidarität gilt insbesondere all jenen Menschen, die fliehen und somit Heimat und Familienangehörige zurücklassen mussten. Ich wünsche ihnen, dass sie sich bald wieder sicher fühlen können und ich wünsche ihnen eine Chance auf Heilung der körperlichen und seelischen Wunden.“
Für betroffene Kolleginnen und Kollegen der Berliner Feuerwehr steht für den Fall einer extremen psychischen Belastung mit den aktuellen Ereignissen auch die Hilfe der Feuerwehrseelsorgerin oder des Einsatznachsorgeteams zur Verfügung.
„Wir lassen niemanden allein. Weder in unseren Reihen, noch Menschen, die nach Berlin kommen und Hilfe benötigen“, so Homrighausen abschließend.