Innensenator Andreas Geisel und Landesbranddirektor Dr. Karsten Homrighausen haben heute im Rahmen einer Pressekonferenz die Jahresbilanz 2020 der Berliner Feuerwehr vorgestellt.
Im Vergleich zum Vorjahr sank die Gesamtanzahl der Einsätze um rund 8.000 bzw. 1,6 Prozent auf 470.238. Somit wurde seit 2009 erstmals wieder ein Rückgang der Gesamteinsatzzahlen verzeichnet. Der Rückgang beruht im Wesentlichen auf der starken Abnahme der Erkundungen (-59.071 bzw. -86 %). Im Rettungsdienst (+5 %), der Brandbekämpfung (+27 %) und der Technischen Hilfeleistung (+12 %) sind die Einsatzzahlen jeweils angestiegen. Die Berliner Feuerwehr bewältigte im Jahr 2020 durchschnittlich 1.288 Einsätze pro Tag.
Andreas Geisel, Senator für Inneres und Sport, sagte anlässlich der Präsentation des Jahresberichts: „2020 war auch für die Feuerwehr ein Jahr, das von der Pandemie geprägt war. Zum Beispiel durch gesunkene Einsatzzahlen. Wir dürfen uns davon aber nicht täuschen lassen. Die Feuerwehr arbeitet am Limit. Deswegen ist es richtig, dass wir im vergangenen Jahr weiter unseren Kurs der Modernisierung und des Personalaufbaus gegangen sind. Allein 20 Millionen Euro für neue Fahrzeuge und knapp 300 neue Nachwuchskräfte in der Ausbildung sprechen eine klare Sprache.“
Landesbranddirektor Dr. Karsten Homrighausen ergänzt: „Das Jahr 2020 wird nicht nur den Angehörigen der Berliner Feuerwehr im Gedächtnis bleiben. Geprägt durch ein Virus, aber auch von Fortschritt und Entwicklung. Wir haben viele Veränderungen erreicht und umgesetzt, begonnene Aufgaben weitergeführt und beendet sowie Neues auf den Weg gebracht. Die Berliner Feuerwehr war und ist weiterhin die verlässliche Säule in Berlin, wenn es um unser aller Sicherheit geht. Dafür danke ich allen Angehörigen meiner Behörde für den täglichen Einsatz.“
Der vorgestellte Jahresbericht befasst sich in einem 20-seitigen Sonderkapitel mit den Auswirkungen und Einflüssen der Corona-Pandemie auf die Berliner Feuerwehr. Nicht nur das weltweite Geschehen musste im Blick behalten werden, sondern auch die Bewältigung interner Abläufe kurzfristig umgeplant und langfristig koordiniert werden. Neben dem stetig anzupassenden medizinischen Handlungsanweisungen in der Notfallrettung, der pandemiegerechten Lehrgangsplanung von Auszubildenden und der Aufrechterhaltung des Einsatzdienstes stand und steht die Sicherheit aller Mitarbeitenden an erster Stelle. Die fortlaufende Beschaffung von Schutzmaterial, die Errichtung von Teststrecken sowie die Bereitstellung einer Hotline für alle Angehörigen der Berliner Feuerwehr bei Fragen rund um Corona sind nur Teilaspekte der vorgenommenen internen Maßnahmen.
Im Rettungsdienst bewältigte die Berliner Feuerwehr im Jahr 2020 insgesamt 15.395 Covid-Transporte (davon 4.208 „Bestätigter Covid-19-Fall“, 1.337 „Begründeter Verdachtsfall Covid‑19“, 9.850 „Covid-19-Fall in Abklärung“). Auch wurden zeitweise aufgrund des erhöhten Transportbedarfs drei Rettungswagen zu Intensivtransportwagen umfunktioniert.
Mit Blick in die Zukunft ist derzeit auf Berlins Straßen das deutschlandweit erste und einmalige Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug mit Elektroantrieb (eLHF) unterwegs, welches im Herbst 2020 präsentiert wurde. Das Fahrzeug wird aus dem Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung (BENE 1213-B4-N) gefördert und ist wegweisend im Bereich des Klimaschutzes, der Ergonomie und nicht zuletzt der Einsatzbewältigung. Mehr als 80 Prozent des regulären Einsatzdienstes kann rein elektrisch bewältigt werden. Die Erprobungsphase dauert derzeit an. Neben dem eLHF wurden 26 weitere fabrikneue Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug an verschiedene Feuerwachen, darunter auch Freiwillige Feuerwehren, ausgeliefert.
Ebenso wurden im vergangenen Jahr Einsatzdrohnen bei der Berliner Feuerwehr in Dienst gestellt. Die fliegende Unterstützung bietet der Einsatzleitung bei großen Einsatzstellen eine zusätzliche Perspektive aus der Luft und eröffnet so einsatztaktische Möglichkeiten, die anders nicht realisierbar wären. Eingesetzt werden können die Drohnen z. B. bei Dach- bzw. größeren Gebäudebränden, Waldbränden, Personen im Wasser oder unübersichtliche Einsatzstellen.
Für eine gewisse Zeit stellte auch die Amokfahrt auf der A100 eine unübersichtliche Lage dar. Innerhalb eines kurzen Zeitraumes ereigneten sich dicht beieinander drei Unfälle, die auf die Amokfahrt einer Person zurückzuführen waren. Basierend auf den Erkenntnissen vom Anschlag am Breitscheidplatz konnte die Situation zügig überblickt werden. Die transparente Kommunikation zur Polizei Berlin und ein neues und optimiertes Kommunikations-, Medien- und Führungssystem trugen maßgeblich zum Einsatzerfolg bei.
Auch eine neue Helmgeneration wurde im vergangenen Jahr eingeführt. Der leuchtend-gelbe Kopfschutz löst nach 17 Jahren Stück für Stück das alte Modell ab und bietet viele Vorteile: bessere Sichtbarkeit, herausnehmbare und waschbare Innenausstattung, integrierte Visiere, unkomplizierte Fixierung durch Drehrad am Hinterkopf. Viele Einsatzkräfte sind bereits mit dem neuen Helm ausgestattet. Noch in diesem Jahr soll der komplette Austausch abgeschlossen werden.
Ebenfalls neu in Berlin: die KATRETTER-App. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde. Um die Zeitspanne der ersten Hilfsmaßnahmen, der sogenannten Herzdruckmassage, bis zum Eintreffen unserer Einsatzkräfte so kurz wie möglich zu halten, hat die Berliner Feuerwehr im vergangenen Jahr eine Ersthelfer-App ins Leben gerufen. Auf freiwilliger Basis kann man sich registrieren und wird bei einem gemeldeten Herz-Kreislauf-Stillstand hinzualarmiert, sofern sich die Einsatzadresse in nächster Umgebung befindet. Durch den Einsatz der Ersthelfenden kann die Zeitspanne bis zum Beginn der lebensrettenden Sofortmaßnahmen verringert und die Überlebenschancen erhöht werden. Bis Ende 2020 haben sich bereits rund 4.000 Freiwillige bei KATRETTER registriert.
Wenn es um Freiwilligkeit und Ehrenamt geht, dann ist die Freiwillige Feuerwehr ganz vorn mit dabei. Ohne die Unterstützung der über 1.500 ehrenamtlichen Kräfte ginge es in Berlin nicht. Sie unterstützen z. B. bei Großschadensereignissen, an Silvester oder im Alltag bei hohem Einsatzaufkommen. Auf die Ehrenamtlichen ist Verlass. Die gemeinsame Perspektive ist, dass nach einem Jahr notwendiger Kontaktbeschränkungen wieder mehr Übungen und gesellschaftliche Zusammentreffen Einkehr halten können und wir somit auch neue Gesichter für ein spannendes ehrenamtliches Engagement begeistern können.
Doch nicht nur motivierte Einsatzkräfte und neueste Technik sind wichtig. Auch die Gebäude der Berliner Feuerwehr müssen nach und nach instandgesetzt werden. So konnte im Jahr 2020 die Komplettsanierung der Feuerwache Ranke in Charlottenburg-Wilmersdorf begonnen werden. Die dort stationierten Fahrzeuge wurden auf umliegende Standorte ausgelagert. Die Komplettsanierung der Feuerwache Köpenick konnte fortgeführt und mittlerweile beendet werden, sodass die Einsatzkräfte wieder von ihrer „alten“ Wache ausrücken. Für ein neues Wachgebäude der Freiwilligen Feuerwehr Grünau wurde im Dezember 2020 der Grundstein gelegt. Bereits im April 2021 konnte Richtfest gefeiert werden. Zusätzlich haben acht Wachen neue und moderne Hallentore erhalten.
Nicht nur die Gebäude werden saniert. Auch die Aufbauorganisation der Berliner Feuerwehr bekommt mit der Umsetzung der Struktur 2020 eine neue Ausrichtung. In einem Leitungsstab werden die strategischen Themen der Behördenleitung gebündelt und es sind neue Abteilungen entstanden:
- Einsatzvorbereitung Brand- und Bevölkerungsschutz / Technische Gefahrenabwehr
- Einsatzvorbereitung Rettungsdienst
- Einsatzsteuerung
- Einsatzbetrieb
Die bisherigen drei Direktionen werden durch die Bildung von sieben regionalen Einsatzbereichen abgelöst. Für das Kerngeschäft der Feuerwehr – den Rettungsdienst, die Brandbekämpfung und Technische Hilfeleistung – wird die neue Struktur im Einsatz keine direkten Auswirkungen haben. Die neue Struktur wird die Berliner Feuerwehr intern besser aufstellen, damit die Prozesse im Hintergrund optimaler laufen. Für die Menschen in Berlin wird die Umstellung geräuschlos verlaufen.
Dies sind nur einige Themen, die die Berliner Feuerwehr im Jahr 2020 bewegt haben. Alle großen und kleinen Geschichten, Eindrücke, Neuigkeiten, Statistiken und Einsätze können Sie auf mehr als 180 Seiten nachlesen. Unter https://www.berliner-feuerwehr.de/service/mediathek/jahresberichte/ kann der gesamte Jahresbericht abgerufen werden.