Generalmajor Walter Goldbach (1943 – 1945)
Bild: Berliner Feuerwehr
Feigling oder Held?
Auf Wagner folgt Walter Goldbach. Er war zuvor als Branddirektor im Reichsministerium des Innern tätig und hat hier die reichseinheitliche Zentralisierung der Feuerlöschpolizeien und Umformung zu Feuerschutzpolizeien vorangetrieben. Das Reichsfeuerlöschgesetz von 1938 mit der damit verbundenen Schaffung der Feuerschutzpolizeien hat Goldbach maßgeblich mitgestaltet. Bei seiner Ernennung zum Generalmajor der Feuerschutzpolizei Berlin bestanden wohl hinsichtlich seiner Treue zum Führer und zum Regime keinerlei Zweifel. Goldbach ist auch Mitglied der SS.
Keine Chance gegen die „Bombenteppiche“
Goldbach hat jedoch große Schwierigkeiten, die „Heimatfront zu verteidigen“. Mehrmals die Woche werden schwere Bombenangriffe auf die Reichshauptstadt geflogen. Tausende Tote, tausende Verschüttete und zehntausende Verletzte sind zu beklagen. An „normales“ Löschen ist nicht mehr zu denken, es geht nur noch darum die Brandstellen „schwarz“ zu machen, damit sie für nachfolgende Bomberverbände keine Orientierung mehr bieten. Dazu werden brennende Häuser häufig auch gesprengt, um mit dem Explosionsdruck die Flammen zu ersticken. Goldbach versucht die Feuerschutzpolizei organisatorisch zu straffen und stellt die Einsatztaktik um. Den ab März 1944 einsetzenden „Bombenteppichen“ der Amerikaner ist die Feuerwehr bald hilflos ausgeliefert. Ab Sommer 1944 wird eine Verschmelzung der Polizei und damit auch der Feuerlöschpolizei mit der SS forciert. Ab August macht das Oberkommando der Wehrmacht deutlich, künftig auch die Feuerschutzpolizei militärisch einzusetzen. Goldbach versucht indes die Moral seiner Feuerwehrtruppe in den Kampfpausen durch Konzerte und Theaterstücke zu stützen.
Die Personaldecke dünnt sich indes weiter aus: Immer mehr Einsatzkräfte werden eingezogen, sterben bei Bombenangriffen oder im Einsatz. Allein für eine Flammenwerferkompanie müssen hunderte Mann abgestellt werden. Ab 1945 werfen die Alliierten über Berlin nahezu täglich tausende Tonnen von Bomben ab. Neben der Brandbekämpfung, der Suche nach Verschütteten und der Bergung von Toten, müssen nun auch noch Panzersperren gebaut und die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sichergestellt werden.
Evakuierungsbefehl und Exekution
Am 22. April 1945 erscheint Goldbach die Lage offenbar so ausweglos, dass er die Evakuierung von knapp einhundert Fahrzeugen mit ihren Besatzungen anordnet. Die Kräfte sollen sich über Nauen in Richtung Westen absetzen, damit sie nicht den Russen in die Hände fallen. Weitere Einheiten, darunter auch Werk- und Militärfeuerwehren setzen sich ohne Marschbefehl ab. Tatsächlich gelingt die Flucht. In Norddeutschland ergeben sich die Einsatzkräfte den Engländern. Goldbach wird diesen Akt der „Wehrkraftzersetzung“ mit dem Tode bezahlen. Er wird von einem Standgericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Das Urteil wird im Gebäude des Polizeigruppenkommandos am Kaiserdamm (heutiger Polizeiabschnitt 24) vollzogen. Fünf Tage später kapituliert Berlin vor der Roten Armee.
War Goldbachs Evakuierungsbefehl feige oder eine Heldentat? Diese Frage ist durchaus ein Disput unter Historikern wert. Durch den Abzug der Einsatzkräfte hat Goldbach zunächst den Brandschutz in der geschundenen Reichshauptstadt weiter geschwächt. Andererseits hat er so möglicherweise viele hundert Einsatzkräfte vor dem Tode oder der Deportation in russische Kriegsgefangenenlager bewahrt. Außerdem kommen die evakuierten Einsatzfahrzeuge wenige Monate nach Kriegsende zurück, wo sie eine wichtige Stütze beim Wiederaufbau der Feuerwehr sind. Wären sie in Berlin verblieben, wären sie höchstwahrscheinlich bei der Eroberung Berlins durch die Rote Armee beschlagnahmt oder zerstört worden. Seine Evakuierungs-Entscheidung hat Goldbach immerhin mit dem Leben bezahlt. Als SS-Mann musste ihm klar sein, dass er für seinen Befehl hingerichtet werden würde. Dennoch hat ihn sein Nachfolger, Karl Feierabend, der beim Wiederaufbau der Feuerwehr von Goldachs Evakuierungsbefehl profitierte, später als „Feigling“ bezeichnet.